Ausschreibung (CfP) | Die AIDS-Krise in Berlin

Ausschreibung (CfP) | Die AIDS-Krise in Berlin

Bewerbungsfrist: 10. März 2024
  • Photo : INDIANO (Jürgen Grosse), Section du Mur de Berlin, 1989-1990, NewMuseum,Photo : INDIANO (Jürgen Grosse), Section du Mur de Berlin, 1989-1990, NewMuseum,

DIE AIDS-KRISE IN BERLIN (1980 BIS HEUTE)
AKTIVISTISCHE STIMMEN, WISSENSCHAFTLICHE
DISKURSE UND ERRINERUNGSPRAKTIKEN

Topographischer Geschichtsworkshop für Junge Forscher*innen

Vom 13. bis zum 18. Mai 2024

Centre Marc Bloch e.V., Friedrichstraße 191, 10117 Berlin

Eine Zusammenarbeit zwischen

dem Centre d’histoire de Sciences Po, Paris (Elissa Mailänder),

dem Centre Marc Bloch e.V., Berlin (Aurélie Denoyer),

dem Laboratoire ICT / Les Europes dans le monde, Paris (Patrick Farges),

dem Institut Covid19-Ad memorial,

dem Cité du genre und

dem Laboratoire FRAMESPA, Toulouse (Mathias Quéré).

Der Workshop wird finanziell von der Deutsch-Französischen Hochschule (DFH) unterstützt.

 

Zeitgenössiche epidemiologische Entwicklungen und die damit einhergehenden Herausforderungen für das öffentliche Gesundheitswesen veranlassen uns, eine andere Epidemie in den Blick zu nehmen: die AIDS-Epidemie. 1981 wurde zunächst in den USA und später in Europa eine besondere Form von Lungenentzündung diagnostiziert, hauptsächlich bei homosexuellen Männern. Bald wurde sie GRID (Gay-Related Immune Deficiency) genannt, ab 1982 in „AIDS“ oder „erworbenes Immunschwächesyndrom“ umbenannt. Die Epidemie sorgte bald für eine Art „sexuelle Panik“ bei den medizinischen wie politischen Behörden.

Im damaligen Kontext medizinischer und sozialer Notlage bildeten das Vereinswesen, die Kunst und der Aktivismus - sowohl im medizinischen wie auch im politischen Bereich – Pole des Widerstands gegen Praktiken der Exklusion sexueller Minderheiten. Die Krankheit Aids zeichnet sich somit durch ein Paradoxon aus. Zwar hat der mediale und wissenschaftliche Diskurs der 1980er und 1990er Jahre die westlichen Gesellschaften, insbesondere die deutsche und die französische, stark geprägt. Doch scheint es keine weitreichende Tradierung der Erinnerung an Aids gegeben zu haben, und nur wenige interdisziplinäre Auseinandersetzungen an der Schnittstelle von Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Medizin wurden dem Thema gewidmet. Darüber hinaus gibt es zwar heutzutage eine gewisse Expertise und Forschung zu Aids, doch findet diese nicht selten noch in einem nationalen Rahmen statt.

Die den Workshop prägende deutsch-französische Perspektive, die auf dem Vergleich zwischen den Metropolen Paris und Berlin (West und Ost) beruht, ist für das Thema jedoch zentral. Auch wenn die gesellschaftlichen Situationen auf den ersten Blick vergleichbar waren (öffentliches Gesundheitssystem, vergleichbare soziale Strukturen, transatlantische Zirkulation), sind doch erhebliche Unterschiede zwischen beiden Ländern festzustellen. So dauerte es in Frankreich bis zum Ende der 1980er Jahre, bis die öffentliche Hand die ersten gesundheitspolitischen Maßnahmen einführte, wohingegen dies in der Bundesrepublik bereits zu Beginn der Epidemie geschah, bei gleichzeitiger Einbeziehung erster Organisationen zur Bekämpfung der Krankheit. In Berlin war darüber hinaus die Situation spezifisch: zwei Regime mit ganz unterschiedlichem Umgang mit der Krankheit standen einander gegenüber.

Unser topografischer Workshop wird daher die Gelegenheit sein, den zeitgeschichtlichen Stellenwert von Aids zu hinterfragen. Wie ging man mit den Kranken um? Welche Notprozeduren wurden sowohl von staatlichen Behörden wie auch von gemeinnützigen Organisationen eingeführt? Wie sichtbar war die Krankheit im öffentlichen Raum? Wie reagierte die Kunstszene (Kunst, Theater, Film, Literatur)? Wie entfaltet sich nunmehr das soziohistorische Gedächtnis der Epidemie? Und wie kann die Erinnerung ausgeweitet werden – über die Sichtbarkeit schwuler Männer hinaus auf Drogenabhängige, Sexarbeiter*innen oder heterosexuelle Partner*innen?

Der Workshop bietet ein ambitioniertes wissenschaftliches und kulturelles Programm: Es wird darum gehen, junge Forscher*innen (aus den Bereichen Medizin, Biologie, Geschichte, Soziologie, Politikwissenschaft, Museologie, Filmwissenschaft u.a), erfahrene Forscher*innen und andere Expert*innen des Themas (Pädagog*innen, Museumsmacher*innen, Sozialarbeiter*innen, Aktivist*innen) in einen interdisziplinären Dialog zu bringen. Darüber hinaus werden durch die Auswahl der besuchten Orte (Museen, Institutionen, Archive, Gedenkstätten, Vereine) Verbindungen zwischen Geschichte, Forschung und Gesellschaft hergestellt und Terrains für eine kollektive Arbeit während des topografischen Workshops bereitgestellt.

Aublauf des Workshops:

Der einwöchige Workshop richtet sich an Masterand*innen und (Post-)Dokorand*innen, die sich für diese Fragen interessieren und aus den Geistes- und Sozialwissenschaften oder Naturwissenschaften kommen. Ziel ist es, den interdisziplinären Dialog zu fördern. Der Workshop bietet die Gelegenheit, Geschichte vor Ort praktisch zu erleben, sich produktiv auseinanderzusetzen und den Dialog mit Spezialist*innen und Forscher*innen zu ermöglichen. Vorab wird ein Reader verteilt, der die gemeinsame theoretische und methodologische Basis für die topografischen Besichtigungen und Diskussionen bilden soll. Das Programm ist interaktiv angelegt und wechselt zwischen Besuchen und Analysen historischer Orte, Diskussionen und selbstständiger Gruppenarbeit.

Termine und technische Details:

Datum: 13. bis 18. Mai 2024.

Ort: Centre Marc Bloch e.V., Friedrichstraße 191, 10117 Berlin

Die Teilnehmer*innenzahl ist auf 12 Personen beschränkt, um den Workshop-Charakter zu wahren und Raum für Diskussionen zu lassen.

Kommunikationssprache ist Französisch (gelegentlich Englisch).

Reise- und Unterbringungskosten der Teilnehmer*innen werden übernommen.

Bewerbungsmodalitäten: Interessierte Personen werden gebeten, bis spätestens 10. März 2024 ein Motivationsschreiben sowie einen Lebenslauf (max. 2 Seiten) an folgende Adresse zu senden: denoyer@cmb.hu-berlin.de

 

 Poster (PDF, 405 Ko)

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